Schilddrüsenzentrum Wien 1220

Autonomie

Bei dieser Schilddrüsenkrankheit kommt es zum Verlust der Funktions- und Wachstumsabhängigkeit einer Anzahl von krankhaft veränderten Schilddrüsenzellen von der übergeordneten TSH-Steuerung und folglich zur übermäßigen Schilddrüsenhormonbildung durch dieselben (Autonomie). Der erhöhte Schilddrüsenhormonspiegel wird von der gesunden Hypophyse erkannt und führt zu einer Drosselung der TSH-Ausschüttung ins Blut. Der verminderte TSH-Spiegel schaltet die Tätigkeit der gesunden Schilddrüsenanteile aus und arbeitet, so weit wie möglich der Überfunktion entgegen. Dieser Schutzmechanismus ist zwar sehr wirksam, versagt jedoch schließlich bei anhaltendem Wachstum und der Vermehrung der autonomen Zellen. Folglich kommt es zu einer klinisch relevanten Überfunktion.

Die räumliche Verteilung der autonomen Zellen innerhalb der Schilddrüse kann bei szintigrafischer Untersuchung als einzelner  heißer Knoten (unifokale Autonomie), als mehrere heiße Knoten (multifokale Autonomie) oder über die ganze Schilddrüse gleichmäßig verteilt (disseminierte Autonomie) in Erscheinung treten und entspricht der Einteilung der Krankheit in ihre drei anatomischen Formen.

Die Autonomie kommt bei älteren Patienten häufiger als bei jüngeren vor. In gewissen geografischen Breiten wird das Wachstum der autonomen Zellen durch die jodarme Ernährung verstärkt.

Die Beschwerden der Autonomie nehmen, abhängig von der Zahl und Funktion der autonomen Zellen, eine große Bandbreite an.

Beschwerden:

Die häufigsten Symptome bei allen diesen Formen sind:

innere Unruhe,

Herzklopfen,

Schlafstörungen,

Schweißausbrüche,

Wärmeüberempfindlichkeit,

Gewichtsverlust.

Therapie:

Operative Entfernung,

Radiojodtherapie,

Thyreostatika wie Thiamazol, Carbimazol, Perchlorat (kurzfristig),

Betarezeptorenblocker (kurzfristig),

Vermeiden von größeren Jodmengen (kurzfristig).

 

Die funktionelle Autonomie heilt nicht spontan ab. Deshalb sollten bei dieser Krankheit die autonomen Regionen der Schilddrüse operativ entfernt oder mittels Radiojodtherapie endgültig ausgeschaltet werden.

Die Operation ist die Therapie der Wahl besonders bei:

Schilddrüsengröße über 80 ml,

lokalen Komplikationen wie Druck auf die Luftröhre bzw. Speiseröhre,

gleichzeitigem Vorhandensein von mehreren heißen und kalten Knoten,

Verdacht auf bösartige Veränderungen,

Kontraindikation zur Radiojodtherapie,

ausdrücklichem Wunsch des Patienten zu operieren.

Die Radiojodtherapie ist die Therapie der Wahl bei unifokaler bzw. multifokaler Autonomie ohne kalte Knoten und ohne Verdacht auf bösartige Veränderungen.

Abhängig von der Ausdehnung der entfernten, bzw. ausgeschalteten Schilddrüsenregionen kann es sowohl nach der Operation als auch nach der Radiojodtherapie zu einem Mangel an Schilddrüsenhormonen kommen. In diesem Fall ist eine lebenslange medikamentöse Einnahme von Schilddrüsenhormon (Levothyroxin) erforderlich.

 

Die Radiojodtherapie ist während der Schwangerschaft und Stillzeit wegen der Strahlenbelastung zu unterlassen. Gebärfähige Patientinnen sollten eine Schwangerschaft nach der Radiotherapie für sechs Monate verschieben.

 

Thyreostatika: Die medikamentöse Therapie mit Thyreostatika (Thiamazol, Carbimazol, Perchlorat) sollte bei Schilddrüsenüberfunktion nur kurzfristig, als eine überbrückende Maßnahme vor der Operation bzw. Radiojodtherapie zum Einsatz kommen.

Bei bestehender manifester Schilddrüsenüberfunktion ist es optimal, vor der Operation medikamentös einen normalen Schilddrüsenhaushalt (euthyreote Stoffwechsellage) und vor der Radiojodtherapie eine leichte Überfunktion (subklinische Hyperthyreose) herbeizurufen.

 

Betarezeptorenblocker: Zur sofortigen Kontrolle der Herz- und Kreislaufbeschwerden, wie des Herzklopfens und erhöhten Blutdrucks, werden Betablocker wie Propranolol (Inderal) eingesetzt. Sie kontrollieren nicht nur diese Beschwerden, sondern wirken auch beruhigend, was bei durch Schilddrüsenüberfunktion verursachter innerer Unruhe von Vorteil sein kann. Zusätzlich vermindern sie die im Körpergewebe stattfindende Umwandlung von T4 in das zehnfach wirksamere T3, also auch die Gewebswirksamkeit von T4.

 

Jodvermeidung: Am Anfang der Therapie und vor der Durchführung der definitiven Behandlung der Schilddrüse mittels Radiojodtherapie bzw. Operation sollten größere Jodmengen vermieden werden. Größere Jodmengen sind besonders in Kontrastmitteln bei Durchführung einer Computertomografie und in Medikamenten wie Amiodaron enthalten. Es empfiehlt sich, jodhaltige Nahrungsmittel wie Fische, Meeresfrüchte und Käse während der aktiven Phase der Krankheit (manifester Hyperthyreose) ebenfalls zu meiden. Nach operativer Entfernung bzw. Ausschalten der Schilddrüsenautonomie mittels Radiojodtherapie ist die jodarme Diät nicht mehr erforderlich.